Installationsansicht der Ausstellung malerisch! Villen und Künstler*innen am Starnberger See, Museum Starnberger See
Wilhelm Trübner, Im Park der Villa Knorr, 1912

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malerisch!
Villen und Künstler*innen am Starnberger See

Ausstellungstext

Historische Villen und Landhäuser prägen bis heute die Landschaft rund um den Starnberger See. Das gesellschaftliche Leben in den Sommerhäusern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist ein besonderes Kapitel der Kulturgeschichte. Die Ausstellung nähert sich ausgewählten Villen über Kunstwerke. Sie ermöglicht einen privaten Blick in Salons und Gärten, denn die Gemälde und Zeichnungen sind mit den Häusern und Bewohner*innen unmittelbar verbunden. Oft waren Kunstschaffende zu Gast in den Anwesen. Manche verlegten ihre Ateliers zeitweise hierher. Sie malten, dachten und lebten in der Sommerfrische des Sees. Einige der ausgestellten Bilder sind von großer kunsthistorischer Bedeutung und andere vor allem als Zeitdokumente wertvoll. Die meisten der Werke waren noch nie öffentlich ausgestellt, sie sind Leihgaben aus den historischen Villen. Die Kunstwerke belegen Freundschaften zwischen Künstlerinnen und Künstler und Auftraggebenden. Sie erzählen von sommerlichen Besuchen und festlichem Beisammensein am See, aber auch von der Inszenierung eines Lebensstils des wohlhabenden Bürgertums und von gesellschaftlichen Konventionen. So ist die Tatsache, dass nur zwei Künstlerinnen in dieser Ausstellung vertreten sind, vor allem dem Umstand geschuldet, dass Frauen bis ins 20. Jahrhundert eine akademische Ausbildung verwehrt blieb.

Das Gemälde Im Park der Villa Knorr von Wilhelm Trübner konnte einige Zeit vor der Ausstellung mit Unterstützung des Freundeskreis Museum Starnberger See für die Sammlung des Museums erworben werden. Es eröffnet die Ausstellung mit einer Landschaftsimpression aus einem Park und vollzieht damit zugleich den Blick aus einer Villa in die Natur nach. Der Künstler Wilhelm Trübner besuchte den Starnberger See seit den 1860er Jahren und war spätestens seit 1907 ein regelmäßiger Sommergast, der als Maler ganz besonders das milde Licht des einsetzenden Herbsts schätzte.

Villa Linprun
Dr. Carl Joseph von Linprun, königlicher Rat und Leibarzt des Prinzen Karl von Bayern, ließ sich nur einen Steinwurf entfernt von der Villa Almeida des Prinzen nieder. Das schlichte und elegante Haus erinnert an italienische Architektur. Helle Fensterläden, ein zart rosafarbener Anstrich und zwei luftige Veranden auf der Seeseite unterstreichen diesen Eindruck. Ab 1893 bewohnte der Bildhauer Adolf von Hildebrand die Villa Linprun und ließ sie von Emanuel von Seidl für seine Zwecke umbauen. Um 1900 verkaufte er sie an den wohlhabenden und gesellschaftlich hochangesehenen Bierbrauer Eugen Thomaß. Einige von dessen Nachfahren leben noch heute in der Villa. Das kleine Gemälde des Jugendstilmalers Hanns Pellar hing wahrscheinlich seit mehr als hundert Jahren in der Villa Linprun. Pellar war ein Schüler von Franz von Stuck. In seinen Werken spiegelt sich der Zeitgeist des Jugendstils.

Villa Lenbach
Engagiert und höchstpersönlich begleitete Franz von Lenbach alle Stadien der Planung und des Baus seiner repräsentativen Sommervilla auf dem Mühlberg. Immer größer wuchsen seine Pläne, ein wahres Schloss sollte entstehen. Gabriel von Seidl entwarf eine stattliche Villa mit zwei weitläufigen Seitenflügeln. Der Architekt hatte für den Künstler bereits ein Stadthaus mit benachbartem Atelier geplant – die heutige Städtische Galerie im Lenbachhaus. Auch in der Starnberger Villa des wohlhabenden Malers sollte ein großes Atelier entstehen. Terrassen, Veranden und eine Aussichtsplattform auf dem Dach sollten den Blick über den See bis zu den Bergen ermöglichen. Lenbach aber konnte den Blick nicht mehr genießen und malte kein einziges Bild in seiner Sommerresidenz. Er starb im Mai 1904, kurz vor der Fertigstellung der Villa.

Villa Thiem
1896 kaufte der Berliner Bankier und Kunstsammler Adolph Thiem für seinen fast vierzigjährigen Sohn, den Maler Paul Thiem, auf dem Mühlberg ein größeres Grundstück. Noch im selben Jahr lieferte der Münchner Architekt Carl Lemmes den Entwurf für ein zweigeschossiges Landhaus mit Atelier Es entstand ein hübsch am Hang aufragender Bau. Vor allem aber zeichnet sich dieses Künstlerhaus durch seine vielen Balkone auf der Seeseite aus. Von dort boten sich dem Maler zu allen Tageszeiten wunderbare Ausblicke in die Landschaft. Die Villa Thiem gehört heute der Stadt Starnberg, das historische Atelier wird den alle zwei Jahre gekürten Kunstpreisträger*innen der Stadt zur Verfügung stellt.

Villa Mussinan
Der junge Oskar Mussinan war ein glühender Verehrer der skandalumwitterten Tänzerin Lola Montez. Als die königliche Geliebte aus München vertrieben wurde, musste auch Mussinan die Stadt verlassen, um der gesellschaftlichen Ächtung zu entgehen. Er wanderte nach Amerika aus und kehrte erst ein Vierteljahrhundert später nach Bayern zurück. Der Skandal war abgekühlt und Mussinan mittlerweile steinreich. Am Starnberger Seeufer baute er sich ein schlichtes, aber durchaus elegantes Landhaus als Sommersitz. Mussinans Tochter Margarete, genannt „Maggy“, heiratete Anfang der 1920er Jahre den verwitweten Justizrat Hermann Steininger. Der amerikanische Maler Edward Cucuel und seine Frau, die Malerin Clara Lotte von Marcard, waren in den Sommermonaten regelmäßig zu Gast bei den Steiningers.

Villa Knorr
Die weithin über den See sichtbare Villa Knorr vereint den sogenannten Maximiliansstil mit italienischer Eleganz. Die Gestaltung des Hauses ist modischer Ausdruck des Zeitgeistes in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich aber liegen die Wurzeln des Bauherrn Angelo Knorr in Italien. Sein Großvater Angelo Sabbadini war 1770 aus Udine nach München gekommen. In den folgenden Jahrzehnten baute er ein überaus erfolgreiches Handelsunternehmen und ein beeindruckendes Vermögen auf. Die rosarote Villa Knorr war der erste Bau und zugleich das Herzstück der Villenkolonie Niederpöcking. Hier ließ das Münchner Großbürgertum sich nieder und feierte im Sommer rauschende Feste. Angelo Knorr war den schönen Künsten zugetan und empfing gern Künstler als Gäste, darunter auch den Maler Moritz von Schwind. Die Werke aus dem sogenannten Opernfries besaßen lange einem festen Platz in der Villa Knorr. Der Künstler schenkte sie der Familie Knorr als Dank für deren Gastfreundschaft. Er lebte in der Villa Knorr, während sich das eigene Haus im Bau befand.

Villa Quellenheim
Marie von Miller war eine begabte Malerin. Im Rollenverständnis des 19. Jahrhunderts blieb das jedoch wenig beachtet. Als Ehefrau von Oskar von Miller, dem Ingenieur und Gründer des Deutschen Museums, konnte sie nicht als Malerin in Erscheinung treten. In der Villa Quellenheim verbrachte das Paar die Sommer am Starnberger See. Bauherr des herrschaftlichen Hauses war Ferdinand von Miller, der als Erzgießer zu königlichen Ehren gekommen war und in den Adelsstand erhoben wurde. Er schenkte die gerade fertiggestellte Villa 1855 seiner Frau Anna zur Geburt des zehnten Kindes – eben jenes Oskar von Miller. Die strahlend hellgelbe Maximilianstil-Fassade der Villa Quellenheim ist ein markanter Fixpunkt am westlichen Seeufer. Sie ist in vierter Generation in Familienbesitz. Auf dem Dach weht stets die Fahne mit dem Familienwappen.

Villa Carl
Die Villa Carl an einem Hügelhang in Feldafing ist eigentlich keine Villa, sondern ein Landhaus im allerbesten Sinn. Der Chemiker und Verleger Hans Carl war ein moderner Familienvater, der von der Lebensreformbewegung seiner Zeit begeistert war. Er wollte zuhause arbeiten und das ganze Jahr über mit Frau und Kindern in einer gesunden Umgebung wohnen. Der Architekt und Künstler Richard Riemerschmid plante für die Familie Carl den wohlproportionierten ländlichen Jugendstilbau bis ins Detail. Er entwarf auch die Gartenanlage sowie zahlreiche Möbel für das Haus. Die Villa Carl befindet sich seit über hundert Jahren in Familienbesitz. Lothar-Günther Buchheim porträtierte in der Nachkriegszeit den Erbauer des Hauses.

Villa Waldberta
Die Villa Waldberta thront hoch oben auf dem Hügelkamm der Feldafinger Villenkolonie, majestätisch und verwunschen zugleich. Großartig ist der Blick auf den See und die Berge, der sich von Terrassen und zahlreichen anderen Aussichtspunkten bietet. Erbaut wurde die Villa von dem Münchner Bankier Bernhard Schuler, der sie jedoch schon ein Jahr nach Fertigstellung verkaufte. Danach wechselte sie mehrmals den Besitzer. Das deutsch-amerikanische Ehepaar Franz und Bertha Koempel vererbte das Anwesen an die Stadt München. So kann die Villa auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken und bietet heute Künstler*innen aus aller Welt eine temporäre Heimat im Rahmen eines Stipendiums der Stadt München.

Tanera-Haus
Das sogenannte Raffl-Anwesen war ursprünglich ein niedriges Bauernhaus mitten im historischen Ortskern von Bernried. Als der Militärschriftsteller Karl Tanera 1893 das uralte Haus kaufte, war es bereits eine kleine Sommervilla. Der Bernrieder Jäger Johann Buchwieser hatte es wenige Jahre zuvor aufstocken lassen und mit einem hübsch geschnitzten Balkon auf der Seeseite versehen. Da Tanera selbst viel auf Reisen war, vermietete er sein Haus an Sommerfrischler. Der Schriftsteller Max Halbe beschreibt das Haus in seinem autobiografischen Roman „Jahrhundertwende“ als Treffpunkt der Münchner Bohème. Hier malte Lovis Corinth im Sommer 1899 das Bild „Frühstück in Max Halbes Garten“.

Villa Ebers
Die Villa Ebers mit ihrem Aussichtsturm und dem hohen Walmdach gehört zu den markantesten Gebäuden in Seeshaupt. Der Maler und Schriftsteller Hermann Ebers erweiterte den ursprünglich schlichten Bau zu einer stattlichen Villa. Zu seinem Besitz gehörte ein Englischer Park, ein Rosengarten und eine kleine Landwirtschaft. Ebers ließ sich im Garten ein Atelierhaus bauen, er war jedoch ein leidenschaftlicher Freiluftmaler und wanderte oft weite Strecken mit der Staffelei. Im Jahr 1911 waren Katia und Thomas Mann zum ersten Mal zu Besuch in der Villa Ebers in Seeshaupt und trugen sich ins Gästebuch ein. Er schrieb „entzückt und dankbar“, sie fügte hinzu: „leider auch neidisch“.

Villa Schrenck-Notzing
Die imposante Villa mit dem großen und wunderschönen Park in Ammerland geht auf den Stuttgarter Unternehmer Gustav Siegle zurück. Ihren heutigen Namen hat sie jedoch von Albert von Schrenck-Notzing, einem Münchner Arzt, der als „Geisterbaron“ berühmt wurde. Schrenck-Notzing entstammte einem uralten Münchner Patriziergeschlecht. Durch die Heirat mit der schwerreichen Industriellentochter Gabriele Siegle wurde er finanziell so unabhängig, dass er sich in seiner Münchner Privatpraxis ganz seinen neuartigen Therapiemethoden und seinen Experimenten auf dem Gebiet von Hypnose und Parapsychologie widmen konnte. Er gilt als der erste Psychotherapeut im süddeutschen Raum. Magdeleine Guipet war um 1900 für ihre tänzerischen Darbietungen im Trancezustand berühmt. Der Münchner Maler Albert von Keller, der mit Schrenck-Notzing eng befreundet war, malte sie mehr als zwanzigmal.

Villa Max
Bald nach dem Kauf malte der Künstler Gabriel von Max vom See aus seinen neuen Besitz in Ammerland. Das hübsche weiß gestrichene Landhaus mit den grünen Fensterläden und den Balkonen auf beiden Etagen verbildlicht die Idylle des sommerlichen Lebens am Starnberger See. Die Villa Max war aber auch Schauplatz von Séancen und spiritistischen Zusammenkünften. Im Jahr 1884 fanden sich bei einer Tagung der Theosophischen Gesellschaft die bekanntesten Geisterbeschwörer der Zeit unter der altehrwürdigen Holzdecke im Speisezimmer ein. Zu den regelmäßigen Gästen dürften Albert von Schrenck-Notzing sowie die Schriftsteller Carl du Prel und Gustav Meyrink gehört haben.

Villa Leoni
Die allererste Villa am Starnberger See gibt es nicht mehr. Ihr Bauherr wäre wohl längst vergessen, hätte nicht ein Ortsteil der Gemeinde Berg seinen Namen angenommen. Guiseppe Leoni war nicht der gefeierte Star der Münchner Oper, wie man lange glaubte, und die Villa Leoni war auch kein prunkvoller Sommersitz. Tatsächlich war Leoni wohl ein keineswegs herausragender Chorsänger und die Villa Leoni ein Gasthaus. Vorbild für das 1825 fertiggestellte Anwesen direkt am See könnte das klassizistische Münchner Palais Salabert, heute bekannt als Prinz-Carl-Palais, gewesen sein. Der junge Architekt Carl von Fischer hatte mit diesem Bau viel Aufsehen erregt. Auch Leoni war bald in der ganzen Stadt bekannt: Wer unter den Münchner Künstlern etwas auf sich hielt, kehrte bei ihm ein. Mit Johann Jakob Dorner war er befreundet. Belegt sind auch Besuche zahlreicher anderer Maler wie Wilhelm von Kaulbach und Carl Rottmann. Sogar König Ludwig I. soll den fast legendären Ort besucht haben.

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